es ist zwar schon etwas her, aber ich möchte Euch trotzdem von dem Malheur berichten, welches mir vor einiger Zeit nachts auf der A44 passiert ist.
Ich war unterwegs in Richtung Harz. Normalerweise fahre ich vom Ruhrgebiet aus über die A2 Richtung Hannover und von dort über die A7 bis zur Abfahrt Seesen. Von da aus dann die restlichen 25km bis nach Clausthal. Aus heutiger Sicht kann ich nicht mehr sagen, weshalb ich mich entschied, an diesem Tag über die A44 zu fahren, was im Nachhinein mein Glück sein sollte.
Ich war ca. 1,5 Stunden unterwegs, das Kamener Kreutz lag bereits weit hinter mir. Der ML lief bis dahin ohne Probleme. Die Geschwindigkeit lag bei 130, zum Überholen etwas schneller. Irgendwann spürte ich eine leichte Vibration. Ich ging etwas vom Gas und die Vibration ließ nach. Beim erneuten Gasgeben merkte ich, dass die Vibration zwar stärker wurde, die Geschwindigkeit aber nicht zunahm. Der ML fuhr, aber jedes Mal wenn ich vom Gas ging, wurde der ML langsamer und die Vibration nahm zu. Es fühlte sich an, als wenn man mit einem platten Reifen fahren würde. Mir war klar, dass ich, um weiteren Schaden zu vermeiden, schnellstens anhalten und den Motor abstellen musste. Es war dunkel und die Verkehrsdichte recht hoch. Eine Situation, in der man sich nicht wünscht, auf dem Seitenstreifen stehen zu müssen. Mein Blick wechselte ständig vom Kombi-Instrument zur Fahrbahn und wieder zurück. Die Geschwindigkeit betrug nur noch 80 km/h mit fallender Tendenz. Plötzlich sah ich im Augenwinkel etwas blau/ weißes. Tatsächlich, es war das Hinweisschild, das den Rastplatz Geseke ankündigte. Es waren bis dorthin noch 1000m. Diesen Rastplatz wollte ich auf jeden Fall noch erreichen. Ihr glaubt nicht, wie lang 1000m sein können. Mit stärker werdender Vibration und 60km/h fuhr ich dann endlich in die Ausfahrt zum Rastplatz. Mein Puls raste und ich war nass geschwitzt.
Mittlerweile hatte sich auch ein Geruch von verbranntem Diesel den Weg ins Fahrzeuginnere gesucht. Ich fuhr auf den Parkstreifen und stoppte den Motor. Im Schein des Abblendlichtes sah ich noch, wie links und rechts aus den Radhäusern Rauch aufstieg. Erleichtert den Rastplatz erreicht zu haben, stieg ich aus und öffnete die Motorraumhaube. Im Schein der Taschenlampe konnte ich zuerst nichts erkennen, zudem der Rauch jetzt auch über dem Motor stand. Ich fächerte mit einem Prospekt den Rauch zur Seite und nach einiger Zeit ließ das Rauchen auch nach. Zunächst konnte ich nichts erkennen, aber als meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich, dass Diesel auf den Auspuffkrümmer tropfte, dort verdampfte und als Rauch aufstieg. Der Diesel tropfte unter der Motorabdeckung herab und von dort auf den Krümmer. Auf der Motorabdeckung sah ich dann eine Auswölbung nach oben. Also den Werkzeugkasten aus dem Kofferraum geholt und die Abdeckung abgeschraubt.
Folgendes hatte sich zugetragen:
Der zweite Injektor in Fahrtrichtung hatte sich gelöst und war noch oben aus seinem Sitz herausgedrückt worden. Die Dieselzuleitung hatte sich zwar verbogen, war aber noch fest mit dem Injektor verbunden. Dies hatte verhindert, dass sich der Injektor den Weg in den Motorraum suchen konnte. Ich konnte erkennen, dass die Schraube, die die Gabel, welche den Injektor fixiert, aus dem Gewinde herausgerissen war. Dieser zweite Injektor war schon beim Kauf des ML undicht und es waren insgesamt drei Werkstattbesuche notwendig, bis er endlich dicht war. Ob die häufige Montage an diesem Injektor Ursache für diese Panne war, kann ich nur vermuten. Mir war zu dem Zeitpunkt jedenfalls klar, dass ich mit Bordmitteln hier nicht weiterkam. Ich rief den ACE an und bat um Hilfe. Nach ca. 20 Minuten kam der Abschleppwagen. Ich weiß nicht ob es aus der Not heraus oder die angespannte Situation war, in der ich mich befand, jedenfalls fragte ich den Fahrer des Abschleppwagens:
„Können Sie nur abschleppen oder auch reparieren?“
Das Gesicht des Fahrers war erstaunt, sprachlos und perplex zugleich. Nach einem kurzen Augenblick in dem er die Fassung wiedererlangt hatte, fragte er, was denn für ein Problem vorläge. Ich zeigte ihm den Schaden im Motorraum mit der Bemerkung, dass ein Nachschneiden des Gewindes für die Schraube der Haltegabel des Injektors eventuell schon helfen könnte. Während wir gemeinsam im Schein der Taschenlampe Kopf an Kopf den Motor betrachteten, schlug er vor, den ML zum Mercedes Autohaus Sternpark in Geseke zu bringen. Dort gäbe es eine LKW-Werkstatt, die auch Nachtdienst haben.
Na, das war doch ein Lichtblick in dieser tiefschwarzen Nacht! Also den ML huckepack und ab zu Mercedes in Geseke.
Man schien sich dort zu kennen. Der ACE-Fahrer und die Monteure begrüßten sich mit Vornamen und schnell war mein Problem geschildert. Zwei Monteure schauten sich das ausgerissene Gewinde an und schüttelten den Kopf. Ein Nachschneiden war nicht möglich, da schon zu viel Material fehlte. Hier könnten sie leider nicht helfen. So wurde der ML auf der PKW-Annahme abgestellt. Einen Mietwagen bekam ich und fuhr somit dann ins Ruhrgebiet zurück.
Am folgenden Montagvormittag rief ich in Geseke an. Man hatte meinen ML bereits in der Werkstatt und den Fehler lokalisiert. Der Werkstattmeister sagte mir, dass Reparaturen solcher Schäden bei Mercedes nicht vorgesehen sein. Bei Defekten wie z.B. herausgerissener Gewinde würde normalerweise der Zylinderkopf getauscht werden. Hier käme dann ein vierstelliger Rechnungsbetrag auf den Kunden zu. Ein Monteur aus der Werkstatt hätte jedoch signalisiert, dass man das herausgerissene Gewinde aufbohren und eine Gewindehülse einsetzen könne. Dies sei aber ein unverbindliches Angebot, für das sie keine Garantie übernehmen könnten. Erleichtert sagte ich zu und erteilte den Reparaturauftrag.
Am Mittwoch darauf kam der erlösende Anruf mit der Mitteilung, dass ich den ML abholen könne.
Was soll ich sagen? Die Reparaturkosten betrugen 330 Euro und der Injektor tut bis heute fest und zuverlässig seinen Dienst.
Ich weiß nicht, wie ich bei anderen Autohäusern aufgenommen / behandelt worden wäre. Nach dem Schrecken und der Aufregung scheinen mir die Reparatur und die Kosten auf jeden Fall fair. Deshalb möchte ich an dieser Stelle ein hohes Lob und eine Empfehlung an das Mercedes Autohaus Sternpark in Geseke aussprechen und natürlich an den Fahrer des ACE-Abschleppwagens!
MLCD-Grüße
Holger063

Bild: Deutlich sichtbar das Herausstehen des zweiten Injektors und Längung der Kraftstoffleitung